In Deutschland gehört der saisonale Reifenwechsel zu den wichtigsten Routinemaßnahmen für Autobesitzer. Das deutsche Wetter mit seinen kalten, schneereichen Wintern und warmen Sommern macht den Wechsel zwischen Sommer- und Winterreifen nicht nur sinnvoll, sondern in vielen Situationen auch gesetzlich vorgeschrieben. In diesem Leitfaden erfahren Sie alles, was Sie über den saisonalen Reifenwechsel wissen müssen.
Warum ist der saisonale Reifenwechsel wichtig?
Sommer- und Winterreifen sind für unterschiedliche Wetterbedingungen optimiert:
- Winterreifen haben eine weichere Gummimischung und ein spezielles Profil, das bei niedrigen Temperaturen bessere Traktion auf Schnee und Eis bietet.
- Sommerreifen haben eine härtere Gummimischung, die bei höheren Temperaturen bessere Leistung, Haftung und Kraftstoffeffizienz bietet.
Die Verwendung der falschen Reifen für die Saison kann:
- Die Bremswege erheblich verlängern
- Die Fahrstabilität beeinträchtigen
- Das Unfallrisiko erhöhen
- Die Reifenlebensdauer verkürzen
- Den Kraftstoffverbrauch erhöhen
Wichtig: Bei Temperaturen unter 7°C verschlechtert sich die Leistung von Sommerreifen deutlich. Winterreifen wiederum nutzen sich bei warmen Temperaturen schneller ab und bieten weniger Grip auf trockener Fahrbahn.
Die gesetzlichen Vorschriften in Deutschland
In Deutschland gilt die situative Winterreifenpflicht, die im Straßenverkehrsgesetz verankert ist:
Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte darf ein Kraftfahrzeug nur mit Reifen gefahren werden, die die in Anhang II Nummer 2.2 der Richtlinie 92/23/EWG beschriebenen Eigenschaften erfüllen (M+S-Reifen).
Seit 2018 müssen neu produzierte Winterreifen neben der M+S-Kennzeichnung (Matsch und Schnee) auch das Alpine-Symbol (Berg mit Schneeflocke) tragen, um als Winterreifen zu gelten. Bis zum 30. September 2024 gilt eine Übergangsfrist für ältere M+S-Reifen ohne Alpine-Symbol.
Bei Verstoß gegen die Winterreifenpflicht drohen:
- Ein Bußgeld von 60 Euro
- Ein Punkt in Flensburg
- Bei Behinderung des Verkehrs durch ungeeignete Bereifung: 80 Euro und 1 Punkt
- Bei Unfällen mögliche Einschränkungen des Versicherungsschutzes

Das Alpine-Symbol (Berg mit Schneeflocke) und die M+S-Kennzeichnung auf Winterreifen
Der richtige Zeitpunkt für den Reifenwechsel
Eine gängige Faustregel lautet "von O bis O" - von Ostern bis Oktober für Sommerreifen und entsprechend für Winterreifen von Oktober bis Ostern. Allerdings ist die tatsächliche Wetterlage entscheidender als feste Termine.
Wechsel auf Sommerreifen:
Idealerweise, wenn die Tagestemperaturen konstant über 7°C liegen, typischerweise:
- In milderen Regionen: März bis April
- In höheren Lagen und kälteren Regionen: April bis Mai
Wechsel auf Winterreifen:
Sobald die Temperaturen regelmäßig unter 7°C fallen, in der Regel:
- In wärmeren Regionen: November
- In kälteren Regionen und bergigen Gebieten: bereits Oktober
Expertentipp
Planen Sie Ihren Reifenwechsel rechtzeitig. Kurz vor dem ersten Schneefall oder einem Kälteeinbruch sind die Werkstätten oft überlastet, was zu langen Wartezeiten führen kann.
Ganzjahresreifen - eine Alternative?
Ganzjahresreifen sind ein Kompromiss zwischen Sommer- und Winterreifen und können eine Option für bestimmte Fahrer sein.
Vorteile:
- Kein zweimaliger Reifenwechsel pro Jahr
- Keine Kosten für Lagerung und Montage
- Gesetzlich zulässig, wenn sie das M+S-Symbol und/oder Alpine-Symbol tragen
Nachteile:
- Schlechtere Leistung bei extremen Wetterbedingungen im Vergleich zu saisonalen Reifen
- Oft höherer Kraftstoffverbrauch
- Schnellerer Verschleiß
Ganzjahresreifen sind eine sinnvolle Option für:
- Fahrer in Regionen mit milden Wintern (städtische Gebiete ohne regelmäßigen Schneefall)
- Wenigfahrer (unter 10.000 km pro Jahr)
- Zweitwagen, die bei extremen Wetterbedingungen stehen bleiben können
Reifentyp | Sommerreifen | Winterreifen | Ganzjahresreifen |
---|---|---|---|
Optimale Temperatur | Über 7°C | Unter 7°C | -5°C bis 25°C |
Nasse Straße | Sehr gut | Gut | Gut |
Trockene Straße (Sommer) | Sehr gut | Mäßig | Gut |
Schnee/Eis | Schlecht | Sehr gut | Gut |
Kraftstoffeffizienz | Sehr gut (im Sommer) | Sehr gut (im Winter) | Mäßig |
Selbst wechseln oder in die Werkstatt?
Sie haben zwei Möglichkeiten für den Reifenwechsel:
Selbst wechseln
Erforderliche Werkzeuge:
- Wagenheber
- Unterstellböcke für zusätzliche Sicherheit
- Radkreuz oder Drehmomentschlüssel
- Eventuell Schutzhandschuhe
Vorteile:
- Kostenersparnis
- Flexibilität beim Zeitpunkt
Nachteile:
- Zeitaufwand
- Kein Auswuchten der Räder möglich
- Risiko bei unsachgemäßer Montage
In der Werkstatt
Vorteile:
- Professionelle Montage
- Auswuchten der Räder (reduziert Vibrationen und Reifenverschleiß)
- Überprüfung der Reifen auf Beschädigungen
- Oft inklusive Reifenlagerung möglich
Nachteile:
- Kosten (ca. 20-40 € je nach Werkstatt)
- Terminvereinbarung notwendig
- Mögliche Wartezeiten in der Hauptsaison
Expertentipp
Auch wenn Sie die Reifen selbst wechseln, sollten Sie sie einmal pro Jahr in der Werkstatt auswuchten lassen, um ungleichmäßigen Verschleiß und Vibrationen zu vermeiden.
Richtige Lagerung der Reifen
Die korrekte Lagerung der nicht verwendeten Reifen ist entscheidend für ihre Lebensdauer und Sicherheit:
- Reinigung: Vor der Lagerung gründlich reinigen
- Markierung: Position am Fahrzeug kennzeichnen (z.B. "VL" für vorne links)
- Umgebung: Kühl, trocken und dunkel lagern
- Lagerungsart:
- Kompletträder (Reifen auf Felge): Hängend oder liegend stapeln
- Reifen ohne Felge: Stehend lagern und gelegentlich drehen
- Vermeiden: Kontakt mit Öl, Fett, Kraftstoff und direkter Sonneneinstrahlung

Korrekte Lagerung verlängert die Lebensdauer Ihrer Reifen erheblich
Überprüfung der Reifen vor dem Wechsel
Vor dem Wechsel sollten Sie die Reifen gründlich prüfen:
- Profiltiefe: Gesetzlich mindestens 1,6 mm, empfohlen bei Winterreifen mindestens 4 mm
- Gleichmäßiger Verschleiß: Ungleichmäßige Abnutzung kann auf Probleme mit der Fahrwerksgeometrie hindeuten
- Alter: Reifen sollten nicht älter als 8-10 Jahre sein (DOT-Nummer prüfen)
- Beschädigungen: Auf Risse, Beulen oder eingefahrene Fremdkörper achten
Wichtig: Das Alter eines Reifens können Sie anhand der DOT-Nummer erkennen. Die letzten vier Ziffern geben die Produktionswoche und das Jahr an (z.B. "2519" bedeutet Woche 25 im Jahr 2019).
Fazit: Sicherheit steht an erster Stelle
Der saisonale Reifenwechsel ist in Deutschland nicht nur eine gesetzliche Anforderung, sondern vor allem eine wichtige Sicherheitsmaßnahme. Die richtigen Reifen für die jeweilige Jahreszeit sorgen für optimale Fahreigenschaften und können in kritischen Situationen lebensrettend sein.
Ob Sie sich für den zweimaligen Wechsel zwischen Sommer- und Winterreifen oder für Ganzjahresreifen entscheiden, hängt von Ihren individuellen Fahrbedingungen und Ansprüchen ab. Wichtig ist, dass Sie die gesetzlichen Vorgaben einhalten und die Reifen regelmäßig auf ihren Zustand überprüfen.
Investieren Sie in qualitativ hochwertige Reifen und eine fachgerechte Montage - Ihre Sicherheit ist diese Investition wert.
Kommentare (4)
Markus S.
3. Juni 2023Interessanter Artikel! Ich fahre seit zwei Jahren Ganzjahresreifen und bin zufrieden, allerdings wohne ich auch in der Stadt und fahre selten bei starkem Schneefall. Für Leute, die im Gebirge wohnen, würde ich aber definitiv zu richtigen Winterreifen raten.
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